Nietzsche ist ein Muß für jeden der mehr als Wikipedia verstehen lernen will!
Ich habe zwar als kind nie Terminator oder Chucky 2 gesehen, dafür las ich aber im zarten alter von 12 jahren bereits Molière. Ich hatte Mark Twain und Erich Kästner schon durchgekaut und verschlang Lektüre von Kafka, Tennesse Williams, Virginia Woolf und anderen. Ich wollte mehr und begann damit auch Goethe und Schiller zu lesen. Während der Rest meines Umfelds versuchte sich seinem Gegenüber anzupassen, versuchte ich mehr Bücher zu finden die meinen Lesedurst stillen konnten. Ich erkannte das Wort nicht nur als Mittel der Kommunikation, sondern vielmehr als Mittel zur Manipulation, als Mittel zum Zweck. Ich eignete mir Fremdwörter an und versuchte in Gesprächen mit bestechender Rethorik (zumindest für einen 12 Jährigen jungen) zu beeindrucken. Meine Gegenüber waren je nach Altersgruppe genervt oder amüsiert, was mich umsomehr anregte durch weiteres Wissen zu provozieren. Ich sah mich als Denkpunk an. Von da an wusste ich auch was mein persönliches Lebensziel ist: Wissen aneignen. Challenge Accepted. Ich probierte mich in sämtlichen Dingen schlau zu machen, sei es Sport, Computer, Politik, Literatur, Musik, Kunst oder sonstiges. Ich wollte etwas erschaffen was sich unabhängig von allem anderen macht. Was sich selbst reproduziert. Ein geistiges Perpetuum mobile. Nun wird mir klar dass dieses Ziel zwar ehrwürdig und zutiefst mutig ist, aber spürbar einem präpubertären Gedankentum entsprungen ist. Längst geht die Akzeptanz mit dem Fakt einher dass man nicht alles wissen kann, was das Dilemma aber nicht verbessert sondern lediglich real macht.
Die Genealogie ist heute nicht mehr zu kaufen. Scheinbar traut sich kein Verlag an das Gerede von eine jüdischen Sklavenmoral die uns, blonden Herrenmenschen, durch Pfaffen aufgedrungen worden sei. Schließlich sind Pfaffen jetzt ganz lieb und so.
Mit zu kaufen kannst du nur meinen: nicht mehr des Kaufens nötig. Selbst in dieser Hinsicht kann man deine Aus
Die im dtv erschienene kritische Gesamtausgabe von Colli und Montinari ist die Standard-Referenz für alle Nietzsche-Studien. Und zu Nietzsches scheinbarer Nähe zum Nationalsozialismus, der dir in deiner Kritik scheinbar vorschwebt sei hingewiesen auf Nietzsches Schwester, die seine Werke für ihre nationalsozialistischen Ideen vereinnahmen wollte und das ja auch in gewisser Weise geschafft hat:
Nietzsche geplantes, aber unvollendete Werk 'Der Wille zur Macht' wurde von seiner Nazischwester nach ihrem Gutdünken aus einem Fleckenteppich von Schriften Nietzsches zu ihrem Gefallen zusammengeschustert, weswegen es auch nicht in der kritischen Gesamtausgabe geführt ist und ein Zitieren aus diesem Werk als nahezu Nietzsche-irrelevant gilt.
Klar ist: Nietzsche hat sich natürlich nicht für die breite Masse interessiert, seine Freunde waren, wen er auch immer für ein ebenso verlorenes Genie hielt, also recht wenige, und davon die meisten auch schon unter der Erde.
Sein Vokabular ist mächtig-pathetisch und beschwörend, wie er auf den Tisch haut, könnte man denken, er wollte mitmischen beim Nazi-Kult. Aber nein - Nietzsches Gesinnung ging ins Aristokratische, und die Anwendung des Nationalsozialmus auf das Volk, als eine übergreifende Bewegung hatte natürlich auch zur Folge daß es trivialisiert wurde. Das hätte ihm niemals gefallen (ähnlich ging es auch Stefan George, den man als Lyriker beinahe zu einer Art Reichsdichter hat ernennen wollen, aber der auch daran Anstoß nahm, daß die Bewegung sinnentleert und trivial war).
Nietzsche zu lesen kann eine Befreiung sein, oder zumindest ein Hauch von Freiheit, da er die ihm vorhergegangene Philoshiegeschichte kräftig durchschüttelt. Seine Idee eines vollkommenen tragischen Helden in Die Geburt der Tragödie ist sein Prototyp des Übermenschen. Und ein Übermensch ist kein Machtmensch, es ist ein Mensch, der autonom und sich selbst genug ist. Die dritte Verwandlung hin zum Kinde hat Nietzsche niemals selbst geschafft: vielleicht weil es in der Natur der Welt liegt? Daß diese Erhabenheit erst mit dem Tod oder dem Wahnsinn Einzug feiert?Es gibt Wissen, das anderes Wissen zunichte macht. Das, genau das ist Nietzsches Programm, das will er zeigen. Daß man bloß Wissen in sich hineinschaufelt hat genauso viel Zweck wie jede andere Freßsucht: wenn das Wissen nicht der Erbauung einer Vision nützt - dann sind es eher Steine, die man sich selbst in den Weg gelegt hat.